William Blake in der KI
Blakes Vision der Wahrnehmung und menschlichen Seele
William Blake? Den kannte keiner, denn man verstand ihn nicht, wollte ihn auch gar nicht verstehen. So ein komischer Künstler war der in seiner Zeit. Und ein Visionär ganz anderer Art. Eine Art Seher, einer, der in Tibet wahrscheinlich Karriere gemacht hätte, aber nicht so wirklich im England des 18. Jahrhunderts. Das Land wollte materiell expandieren und dies nach außen und nicht nach innen – und Länder, die anders tickten, wie Indien, die mehr nach innen sahen als nach außen, zack, zack, wurden die unterjocht. Immerhin, Blake spielte da nicht mit, war ein vorzeitiger Hippie und expandierte weiter nach innen. Zusammengefasst: geboren 1757, war er zu Lebzeiten weder für seine Dichtung noch für seine Kunst wirklich berühmt.
Erst im 20. Jahrhundert änderte sich das – etwas. Vor allem in den 1950er Jahren begann eine breitere Anerkennung seines Werks dank der sogenannten Beat-Generation in den USA. Dichter wie Allen Ginsberg und Künstler der psychedelischen Bewegung zeigten großes Interesse an Blakes mystischen Visionen und seiner Kritik an gesellschaftlichen Konventionen. Blake wurde nun als Visionär gefeiert, der seiner Zeit weit voraus war, nun ja, ziemlich weit, ein paar Jahrhunderte sind schon etwas. Wie sehen wir ihn heute? Zum Beispiel so: Er war ein radikaler Denker-Dichter, der die Grenzen der Wahrnehmung erkundete und die tieferen Schichten der Realität zu erfassen suchte.
The Everlasting Gospel
Die Zeilen „This life’s five windows of the soul / Distort the heavens from pole to pole, / And lead you to believe a lie / When you see with, not through, the eye“ stammen aus Blakes Werk The Everlasting Gospel. In diesem Auszug kritisiert Blake die Begrenztheit der menschlichen Wahrnehmung und reflektiert seine tiefere Sicht auf die spirituelle Welt.
Die „fünf Fenster der Seele“ beziehen sich auf die fünf menschlichen Sinne, von denen Blake glaubte, dass sie letztlich die Realität verzerren und den Zugang zu einer tiefergehenden Wahrheit einschränken. Statt die Sinne zu verwenden, um die Welt direkt zu interpretieren, schlägt Blake vor, dass man „durch“ die Sinne sehen sollte. Anders gesagt: Wenn man so schaut, riecht und hört, wie man es gelernt hat, sieht man das, was man gelernt hat, aber eben nicht die aktuelle Wahrheit und erst recht nicht den Funkenflug der letztlichen Wahrheit. Letzteres meint er mit „durch das Auge“ zu sehen. Anders gesagt: Als Baby haben wir die Welt möglicherweise unkonditioniert wahrgenommen – ohne die Filter von Sprache, sozialem Kontext und gesellschaftlichen Normen. Insofern schauen Babys aus dem Auge in die Welt, nehmen sie gewahr und können sie noch nicht interpretieren. Sie, die kleinen Dinger, sehen schon eher die Wahrheit.
Doch sobald wir die Sprache und die kulturellen „Spiele“, um einmal Wittgenstein zu zitieren, erlernen, wird unsere Sicht auf die Welt von diesen Rahmenbedingungen geprägt und zugleich eingeschränkt. Daneben sagte dieser Wittgenstein, dass unsere Sprache die Grenzen unseres Denkens und Wahrnehmens setzt. Wir können die Welt nur durch die „Gitter“ unserer Sprache und unserer kulturellen Konzepte sehen, wodurch eine direkte, unverfälschte Sicht auf die Realität oft blockiert wird. Obwohl wir also als Babys wahrscheinlich in der Lage waren, die Welt ungefiltert zu sehen, hat uns die kulturelle Konditionierung mit der Zeit diese Fähigkeit genommen.
Blakes Philosophie spiegelt dies wider, da er glaubte, dass die Sinne die tiefergehende Wahrheit verzerren. Diese Wahrheit wird von manchen als göttlich verstanden, während andere sie als ein System oder eine tiefere kosmische Ordnung begreifen.
Das Sehen „durch das Auge“ wäre eine Rückkehr zu einem ursprünglichen Zustand des Sehens – eine spirituelle Einsicht jenseits der konditionierten Wahrnehmung. Man könnte diesen Zustand als einen Ansatz der spirituellen Erleuchtung betrachten, in dem man erkennt, dass die physischen Sinne nur eine begrenzte Sicht auf die Realität bieten. Wenn man jedoch mehr Wert auf einen systematischen Ansatz legt, könnte man sagen, dass das Sehen „durch das Auge“ bedeutet, die zugrunde liegende Struktur der Realität zu erkennen, die jenseits unserer sinnlichen Wahrnehmung existiert. Dies würde nochmals tiefer reichen. Wobei das keine Wertung sein soll.
Zusammengefasst betont Blake, dass wir, um die „wahre“ Realität – sei es als göttliches System oder als tiefere Struktur des Seins – zu sehen, die kulturelle und sinnliche Konditionierung überwinden müssen. Dies ist ein Schritt zurück zu einem reinen, unkonditionierten Sehen, das sowohl in der Mystik als auch in philosophischen Ansätzen, wie sie beispielsweise auch Wittgenstein zumindest andiskutiert, seinen Platz findet.
Am Ende bleibt im Land der Zwerge übrigens immer die ironische Frage, ob Mystiker oder weitsehende Logiker glückliche Menschen sind. Und die genauso ironische Antwort lautet: Finde es selbst heraus oder schweige, Schwächling.
Blake’s Vision of Perception and the Human Soul
William Blake? Nobody knew him because no one understood him, nor did they want to understand him. He was such a peculiar artist in his time. And a visionary of a completely different kind. A kind of seer, one who might have made a career in Tibet but not so much in 18th-century England. The country wanted to expand materially, outwards and not inwards – and countries that operated differently, like India, which looked more inward than outward, were swiftly subdued. At least Blake didn’t play along; he was an early hippie and continued to expand inward. To sum it up: born in 1757, he was neither famous for his poetry nor his art during his lifetime.
It wasn’t until the 20th century that things changed – a little. Especially in the 1950s, broader recognition of his work began thanks to the so-called Beat Generation in the USA. Poets like Allen Ginsberg and artists of the psychedelic movement showed great interest in Blake’s mystical visions and his critique of social conventions. Blake was now celebrated as a visionary who was far ahead of his time – well, quite far ahead, a couple of centuries is no small amount. How do we see him today? For example, like this: He was a radical poet-thinker who explored the limits of perception and sought to grasp the deeper layers of reality.
The lines “This life’s five windows of the soul / Distort the heavens from pole to pole, / And lead you to believe a lie / When you see with, not through, the eye” come from Blake’s work The Everlasting Gospel. In this excerpt, Blake criticizes the limitations of human perception and reflects his deeper view of the spiritual world.
The “five windows of the soul” refer to the five human senses, which Blake believed ultimately distort reality and limit access to deeper truth. Instead of using the senses to interpret the world directly, Blake suggests that one should see “through” the senses. In other words: If you look, smell, and hear as you’ve been taught, you see what you’ve learned, but not the actual truth, and certainly not the sparks of ultimate truth. The latter is what he means by seeing “through the eye.” Put differently: As babies, we possibly perceived the world in an unconditioned way – without the filters of language, social context, and societal norms. Thus, babies gaze through the eye into the world, perceive it, and are not yet able to interpret it. They, the little ones, are more likely to see the truth.
But as soon as we learn language and the cultural “games,” to borrow a term from Wittgenstein, our view of the world is shaped and at the same time restricted by these frameworks. Wittgenstein also said that our language sets the limits of our thinking and perception. We can only see the world through the “grids” of our language and cultural concepts, often blocking a direct, unfiltered view of reality. So, while we as babies were probably capable of seeing the world without filters, cultural conditioning has taken this ability away from us over time.
Blake’s philosophy reflects this, as he believed that the senses distort deeper truth. This truth is understood by some as divine, while others see it as a system or a deeper cosmic order.
Seeing “through the eye” would be a return to an original state of seeing – a spiritual insight beyond conditioned perception. One might view this state as a form of spiritual enlightenment, in which one realizes that the physical senses offer only a limited view of reality. However, if one values a more systematic approach, one could say that seeing “through the eye” means recognizing the underlying structure of reality that exists beyond our sensory perception. This would go even deeper, though this isn’t meant to be a judgment.
In summary, Blake emphasizes that in order to see the “true” reality – whether it be a divine system or a deeper structure of being – we must overcome cultural and sensory conditioning. This is a step back toward pure, unconditioned seeing, which finds its place both in mysticism and in philosophical approaches, as even Wittgenstein at least touched upon.
In the end, the ironic question in the land of dwarfs always remains: Are mystics or far-seeing logicians happy people? And the equally ironic answer is: find out for yourself, or stay silent, weakling.
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