Der Philosoph und Professor Julian Nida-Rümelin erkennt die Länder Südkorea und Taiwan als Vorbilder für den Deutschland im Kampf gegen Corona beziehungsweise die Ausbreitung von Covid-19.
Der Münchner Professor der Philosophie Julian Nida-Rümelin forderte im Frühjahr 2020 ein „möglichst rasches“ Ende des Shutdowns. Für ihn steht zu diesem Zeitpunkt wie auch aktuell das Erreichen eines Zustands der Freiwilligkeit bezüglich der Bedrohung durch Covid-19 an erster Stelle. Dies sah der ehemalige Kulturstaatsminister eben auch politisch. Er betonte zu diesem Zeitpunkt, dass ein Großteil der Grundrechte mit einem Shutdown außer Kraft gesetzt werden. Konkret empfahl er im Frühjahr eine schrittweise Rückkehr zur gesellschaftlichen Normalität. Hierbei wäre ein sogenanntes „Cocooning“ von Risikogruppen mit eingeschlossen.
Als vorbildliche Beispiele führte er im Handelsblatt die ostasiatische Demokratien Südkorea und Taiwan an. Diese zeichnen sich durch eine „Schutzmaskenkultur“ aus und nutzen bereits Handytracking. Julian Nida-Rümelin untermauert seine Empfehlungen mit dem Hinweis, dass der normale Bürger viele Daten bereits heute an Facebook und Google gibt.
Die neuen Maßnahmen würden den Bürger also kaum transparenter machen, als er eh schon ist. Konkret empfahl er, „… Daten zur Krisenbekämpfung vorübergehend dem Staat zur Verfügung stellen“. Diese sollten dann aber anonymisiert werden, während die Nutzung einer entsprechenden App freiwillig wäre. Nach Julian Nida-Rümelin ist das, was Menschen an solchen Apps verängstigt, der Umstand, dass der Staat sie dann verfolgen kann. Er verweist jedoch darauf, dass es heute verlässliche Anonymisierungsverfahren gibt. Somit erfährt der Staat zwar, wo sich eine infizierte Person aufhält, aber weiß nicht, um wen genau es sich dabei handelt.
Geopolitischen Folgen von Covid-19 nach Julian Nida-Rümelin
Laut Nida-Rümelin kann es passieren, dass westliche Staaten die Krise ökonomisch, sozial und gesundheitlich schlecht bewältigen. Bei manchen ostasiatischen Staaten wird seines Erachtens hingegen das Gegenteil der Fall sein wird
Er verweist darauf, dass mit Südkorea und Taiwan hier von gut funktionierenden Demokratien die Rede ist. In diesem skizzierten Szenario wäre dann das bessere asiatische Ergebnis eher kulturell als ideologisch erklärbar. Die ostasiatische Form, Solidarität einzufordern, Freiwillige zu mobilisieren, funktioniert in einer solchen Krise besser als der westliche Individualismus.
Corona – und der Verweis auf die Migrationskrise
In einem Interview mit dem ZDF vom 13.06.2020 betont Julian Nida-Rümelin, dass man gerade in der Krise nicht den Fehler machen sollte, das Meinungsspektrum zu verengen. „Das macht Demokratie aus, dass sie Differenzen aushält und erst mal alle einbezogen sind – auch diejenigen, die weit abweichende Auffassungen … vertreten“, fügt er dem noch an.
Seiner Meinung nach, darf niemand ausgegrenzt oder abgewertet werden. Schließlich hat man ja in der Migrationskrise bereits die Erfahrung gemacht, „zu was das führt“. Seines Erachtens gab es eine klare gesellschaftliche Zweiteilung, welche einerseits aus Rechtgläubigen bestand und andererseits aus Kritikern. Er betont, dass die damaligen Ereignisse und Grabenkämpfe bis heute auf den deutschen Staat nachwirken. Wiederum sollte eben genau das in der „Corona-Krise nicht noch mal passieren“.
Aufstehen für Kultur
“Aufstehen für Kultur”. Professor Julian Nida-Rümelin beteiligte sich an der Demonstration als prominenter Redner am 24.10.2020 in München
Julian Nida-Rümelin
Julian Nida-Rümelin (* 28. November 1954) lehrt als Philosoph und Professor seit 2004 an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er war zudem Kulturreferent in München und Kulturstaatsminister der deutschen Bundesregierung. Weitergehende Informationen finden Sie auf seinem Internetauftritt.
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