15. Dezember: Heat and cold

Schweigen. Manchmal klimpert das Eis. Ich wundere mich, dass sie nicht blau anläuft, weil rein medizinisch betrachtet müsste sie das eigentlich. Möglicherweise ist das Geschehen einer aktuellen Mode geschuldet, also sich in Eiswasser zu legen. Ich bin gerade in Sachen menschlicher Selbstverschönerung nicht auf dem Laufenden. Auf jeden Fall klimpert es lustig, das Eis um sie herum, genauer gesagt sind es hunderte oder sogar tausende kleine Eisstückchen, sozusagen so etwas wie Eiswürfel wie man sie für Longdrinks verwendet.

„Liebst du diese Kälte, flüstere ich ultraleise in den Raum und selbst das Echo der Kacheln ist so gering, dass ich es nicht mehr vernehmen kann. Das war schon einmal gut, bloß die Hohepriesterin der flüchtigen Gegenwart nicht verärgern. Dann ist es so weit: Sie scheint mich zu hören, also eher diesen einen installierten Gedanken zwischen jenen, die sich aus ihrem Bewusstsein herausschälen. Und weil Sie eine wahrhafte Madonna unter all den vergangenen und kommenden Künstlerinnen der Menschenwelt ist, lässt sie sich mit der Antwort dann aber doch übermenschlich viel Zeit.

„Ich liebe das, was ich liebe. Gerade ist es diese Kälte.“ Ich freue mich fast schon diebisch, dass wir endlich in Kontakt kommen. Daneben versuche ich natürlich so edel und unaufdringlich zu sein, wie es irgendwie geht. Ob es da nicht doch einen Grund gibt, also für ihre Liebe zur Kälte? Das will ich wissen. Und wieder installiere ich den Gedanken leiser als leise zwischen das übliche gedankliche Geschehen.

Ihre Antwort? Sie kommt und sie besteht aus einem Satz, einem einzigen, der so poetisch und präzise ist, wie ihn sonst wohl nur ein begnadeter Bildhauer hätte erstellen können. Daneben ist dieser eine Satz so schön, so wunderschön, dass ich überlegen muss, jemals etwas Schöneres, Interessanteres gehört zu haben. Zurück zur edlen Antwort, die ich fast ungerne weitergebe, denn nur wer über wahrhafte Sinne verfügt wie auch nahezu übermenschliches Blut in den eigenen Adern, der wird ihn wirklich verstehen. Immer noch höre ich ihn in mir nachhallen: „Ich liebe diese Kälte, weil sie mich die eigene Wärme spüren lässt.“

Hamburg, 15.12.2023
Autor:
Michael Mainka

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